Disconnect
DISCOnnect – Erfüllung am seidenen Faden
In Michel Houellebecqs Roman „Die Möglichkeit einer Insel“ verzweifelt der alternde Erzähler an der Erotisierung der Jugend: Wo er auch hinblickt, überall blitzen Tangas aus dem tiefer gelegten Beinkleid junger Frauen, wecken seine Begierde und stecken doch eine Grenze ab: Kein Zugriff fürs Alter! Die Malerin Daniela Wolfer (Stuttgart), in der Clubszene bekannt als DJ Dirty Daniela, hat jenen Disco- Nymphen eine Serie großformatiger Ölbilder gewidmet. Nach der „Clubisierung“ der Museen und Galerien scheint es dabei nur logisch, den Club und seine ProtagonistInnen nun ihrerseits zu musealisieren. Denn es sind nicht länger die Nachtschwärmer Edward Hoppers, die im Trenchcoat am Tresen hängen, es sind die Saturday-Night-Kinder, die sowohl die urbane Nacht als auch Wolfers Bildflächen bevölkern. Letztere handeln nicht von der „New Economy“ des Begehrens, sie zeigen das Begehren so, wie sich die Disco-Girlies selbst zeigen: In einer ganz selbstverständlich sexualisierten, perfekten Anonymität. Wie der Ausstellungstitel raunt, stellt der aus Hüfthosen lugende Tanga in der Tat einerseits eine „Disco-Connection“, also den Code der Disco-Girlies, andererseits eine „Dis- Connection“ dar: Er markiert die Straße des Glücks, die für die meisten jedoch an den Pforten zur verbotenen Stadt endet. Die Erfüllung hängt am seidenen Faden.
Jörg Scheller